Jobagent

Der passende Job ist nicht dabei? Richte Dir hier Deinen persönlichen Job Agenten ein!

Dieses Feld dient zur Validierung und sollte nicht verändert werden.

HR-Karrieren im DACH-Raum: Professionell, spezialisiert und strategisch wertvoll? 

Wie sehen HR-Karrieren im DACH-Raum aktuell aus und was wird sie künftig beeinflussen? Die Rolle von Personalverantwortlichen hat sich im Lauf der letzten Jahrzehnte von reinen Administratoren zu hoch professionellen und top ausgebildeten Spezialisten gewandelt, die selbstbewusst an strategischen Entscheidungen mitwirken und damit ihren Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.

Peter Drucker, die Ikone der praktisch orientierten und theoretisch gehaltvollen Managementforschung, hat vor mehr als einem halben Jahrhundert Personalverantwortlichen attestiert, viel Energie darauf zu verwenden, ihre Kolleginnen und Kollegen im Management mit „Kinkerlitzchen“ zu beeindrucken und ständig davon überzeugen zu wollen, dass auch ihre Arbeit einen Beitrag für den Unternehmenserfolg darstellt. Nach allgemeinem Verständnis, so Drucker, gelte HR-Arbeit als „Ansammlung zufälliger Tätigkeiten ohne viel inneren Zusammenhang“ (Drucker 1970, S. 330). Dass sich die Personalarbeit seit Druckers Analyse professionalisiert und nur mehr wenig gemein hat mit der stark auf Administration ausgerichteten Vorgehensweise vor sechs Jahrzehnten, ist heute unbestritten. Doch wie lässt sich aktuell die Situation der Personalistinnen und Personalisten an der Spitze von HRM-Abteilungen beschreiben? Wie ist ihr formaler Ausbildungshintergrund, woher werden sie rekrutiert, sind sie ein integraler Bestandteil des obersten Entscheidungsgremiums oder haben sie – etwa als Direct Report eines Vorstandsmitglieds – nur indirekt Einfluss auf zentrale Unternehmensentscheidungen? Und wie sehen künftige HRM-Karrieren aus? Mithilfe repräsentativer Daten von Cranet, dem Cranfield Network of Global HRM, lassen sich Antworten auf diese Fragen finden.

Ausbildung und Berufserfahrung in den HR-Spitzenpositionen

Mit ihrem eigenen Humankapital können sich die obersten Personalverantwortlichen innerhalb der Organisation unmittelbar stark und sichtbar machen. Drei wesentliche Faktoren beeinflussen das Humankapital:

  • der fachliche Ausbildungshintergrund,
  • die Länge der Berufserfahrung und
  • die Vorerfahrungen innerhalb oder außerhalb von HRM.

In der DACH-Region hat sich der Ausbildungshintergrund in den letzten knapp zweieinhalb Jahrzehnten deutlich verändert. Der Anteil der Personen auf den HRM-Spitzenpositionen, die einen akademischen Abschluss haben, ist von 1995 (52,9 %) bis 2021 um etwa die Hälfte gestiegen (79,2 %). In der Schweiz hat sich ihr Anteil fast verdoppelt (1995: 33,7 %; 2021: 60,4 %). Auch bei der fachlichen Ausrichtung der HRM-Spitzenkräfte zeigen sich deutliche Veränderungen. Immer weniger haben einen juristischen Studienabschluss (1995: 18,2 %; 2021: 12,2 %), während die Zahl der Absolventinnen und Absolventen sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Fachrichtungen konstant blieb (1995: 60,5 %; 2021: 57,5 %) und der Anteil derer, die sich bereits in der Ausbildung auf HRM spezialisierten, zunahm (1995: 4,7 %; 2021: 10 %).

Die durchschnittliche Länge der spezifischen Berufserfahrung im Bereich HRM der obersten Personalverantwortlichen hat sich über die Jahre hinweg immer wieder ohne erkennbaren Trend verändert und beträgt 2021 14 Jahre. Den Großteil dieser Zeit verbrachten die Personen in der Organisation, wobei auch externe Erfahrungen in der beruflichen Vita zunehmen. So lag die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit der Spitzenkräfte im Personal 1999 bei knapp 14 Jahren, während es 2021 nur noch etwas mehr als elf Jahre waren.

Auch der Weg zur Spitzenposition im Personalmanagement ist über die Jahre vielfältiger geworden (Abbildung 1). Obwohl die Mehrzahl der obersten Personalverantwortlichen aus dem HRM stammt und intern rekrutiert wird, nutzen viele Unternehmen die Besetzung der Top-Position dazu, um eine neue Perspektive von außen einzubringen (44,1 %). Bemerkenswert ist darüber hinaus der erhebliche Anteil von „fachfremden“ Personen, die vorher nicht im HRM gearbeitet haben (30,2 %). Eine solche Personalentscheidung lässt zwar die Perspektive des Business stark in das HRM einfließen, ist jedoch vor dem Hintergrund der zunehmenden Professionalisierung von HR etwas überraschend. Allerdings ist der Anteil der „fachfremden“ Besetzungen verglichen mit 1995 (42,7 %) in der DACH-Region deutlich gesunken.

Abbildung 1: Rekrutierung der obersten Personalverantwortlichen (Angaben in Prozent)

Wie stark ist HRM in der Organisation verankert?

Erfolgreiches Personalmanagement braucht nicht nur gut ausgebildete HRM-Expert:innen, sondern muss auch in der Lage sein, auf zentrale Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Diese starke Verankerung der HRM-Einheit in der Organisation ist gegeben, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind (Pfeffer 1999):

  • Ein hoher organisationsinterner Stellenwert. Er zeigt sich beispielsweise darin, dass die Einheit unersetzbar ist oder dass ihre Fachkräfte qualitativ hochwertige Lösungskompetenz aufweisen.
  • Organisationsinterne Verbündete: Sie lassen sich gewinnen, sofern genügend Möglichkeiten bestehen, mit ihnen in Kontakt zu treten.
  • Eine gute Positionierung im Kommunikationsnetzwerk: Sie gelingt, wenn die Fachkräfte über Informationsressourcen verfügen oder regelmäßige Arbeitsbeziehungen pflegen.

Ein zentraler Faktor für die Karriere und die Wirksamkeit der obersten Personalverantwortlichen ist es, in wichtige Entscheidungsprozesse eingebunden zu sein. Dies ist gegeben, wenn die HRM-Verantwortlichen einen Sitz im obersten Entscheidungsgremium haben und in die Entwicklung und Umsetzung gesamtorganisationaler Strategien integriert sind.

Wie sieht es diesbezüglich im DACH-Raum aus?

Seit mehr als 30 Jahren geben – relativ konstant und ohne erkennbaren Auf- oder Abwärtstrend – etwas mehr als die Hälfte derOrganisationen (54,9 %) im DACH-Raum an, dass die Top-HR-Person im obersten Entscheidungsgremium vertreten ist. 2021 waren es in Österreich 50,5 Prozent, in der Schweiz 57 Prozent und in Deutschland 63,3 Prozent der Unternehmen. Im Umkehrschluss heißt das allerdings auch, dass in fast der Hälfte der Organisationen HRM „nur“ indirekt vertreten ist, etwa als Direct Report an die Vorstandsvorsitzenden. Dies ist jedoch nicht unbedingt ein Grund zur Besorgnis oder gar ein Hinweis darauf, dass das Verständnis für die Bedeutung von HRM zu wenig entwickelt wäre. In manchen Unternehmen ist es notwendig, dass die Spitzengremien schlank gehalten werden oder es gibt sogenannte Pfadabhängigkeiten, das heißt bestehende Arrangements, die den Entscheidungsspielraum einengen wie etwa betriebliche Traditionen oder Vereinbarungen.

Ein etwas anderes Bild ergibt sich bei der Integration von HRM in organisationale Strategieprozesse. Im Jahr 2021 berichteten rund drei Viertel (77,5 %) der Organisationen, HRM entweder von Beginn an oder durch fortlaufende Konsultation eng in die Formulierung und Umsetzung organisationaler Strategien einzubeziehen. Allerdings bleibt festzuhalten, dass ein nicht unbeträchtlicher Anteil (11,7 %) völlig davon absieht, das Personalmanagement mit gesamtstrategischen Agenden zu befassen. Über die letzten zwei Jahrzehnte hat sich an der groben Verteilung bezüglich des Zeitpunktes der Einbeziehung von HR in die Strategieentwicklung wenig geändert (Abbildung 2, Seite 16).

Abbildung 2: Einbeziehen des Personalmanagements in die Strategieentwicklung im DACH-Raum

Zukünftige Karrieren im Personalmanagement

Die Analyse zeigt, dass sich in den letzten 25 bis 30 Jahren bei den Karrieren im Personalmanagement eine Reihe von Entwicklungen vollzogen haben. Nicht nur wird Personalmanagement weiblicher (Reichel, Rapp, & Mayrhofer, 2022), sondern der Aufstieg in Spitzenpositionen erfordert zunehmend auch einen akademischen Abschluss mit sozial- oder wirtschaftswissenschaftlicher Ausrichtung. Gleichfalls schreitet die Professionalisierung im Personalmanagement weiter voran, was die sinkende Zahl von Personen belegt, die fachfremd an die Spitze der HRM-Abteilung berufen werden. Darüber hinaus ist HRM sowohl international als auch im DACH-Raum mittlerweile in wichtige Entscheidungsprozesse integriert; Personalist:innen werden entweder frühzeitig in gesamtorganisationale Strategieprozesse einbezogen oder haben direkten oder indirekten Zugang zu obersten Entscheidungsgremien. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen unserer Zeit werden die Arbeitsmarktsituation weiter verändern und damit auch die zukünftigen Karrieren im Personalmanagement beeinflussen. Drei Entwicklungen stechen besonders hervor.

Algorithmisierung und Digitalisierung

Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist zu vermuten, dass die Digitalisierung und Algorithmisierung, die oft unter dem Label HR Analytics oder People Analytics vermarktet werden, die Personalarbeit in diesem Jahrzehnt am meisten bestimmen werden. Dafür benötigen HRM-Spezialist:innen neue Kompetenzen wie beispielsweise ein Verständnis von Daten sowie statistische Grundkenntnisse. Wer seine berufliche Laufbahn vor zwei Jahrzehnten begonnen hat, ist jedoch nicht notwendigerweise bewandert auf diesen Gebieten. Um im HRM erfolgreich zu sein, müssen Personalist:innen daher verstärkt in das eigene Humankapital investieren. Je mehr „Big Data“ im Personalmanagement an Bedeutung gewinnt, desto wichtiger wird auch die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen, insbesondere IT oder Data Science. Dies macht es für HR-Mitarbeiter:innen notwendig, sich mit der Sprache und den Denkweisen der IT- und Daten-Spezialist:innen vertraut zu machen.

QUELLE
Dieser Artikel in der Fachzeitschrift personal manager, Ausgabe 4/2023 mit dem Titel “Karriere im HRM” erschienen.

AUTORINNEN UND AUTOREN
Wolfgang Mayrhofer
Universitätsprofessor und Vorstand des Interdisziplinären Instituts für verhaltenswissenschaftlich orientiertes Management, WU Wien

Marco Rapp
Universitätsassistent am Interdisziplinären Institut für verhaltenswissenschaftlich orientiertes Management, WU Wien

Astrid Reichel
Universitätsprofessorin und Leiterin der HRM Group, Universität Salzburg

DIE HERKUNFT DER DATEN
Die empirischen Daten dieses Beitrags beruhen auf der Arbeit von Cranet (www.cranet.org), dem weltweit größten akademischen HRM-Netzwerk mit Partnerinstitutionen in mehr als 50 Ländern, das seit 1989 in mittlerweile neun Erhebungen die Entwicklung der Personalarbeit weltweit untersucht. Zahlreiche Forscherinnen und Forscher haben diese Datenbasis zusammengetragen, aus dem DACH-Raum neben unserer Forschungsgruppe insbesondere Rüdiger Kabst (Universität Paderborn, Deutschland) und Marius Wehner (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Deutschland) sowie Bruno Staffelbach und Anna Sender (Universität Luzern, Schweiz).

Zum ersten Mal erschienen in der Fachzeitschrift personal manager Ausgabe 3/24